Freitag, 25. Juni 2010

Jubelperser aus China

Nordkoreas Fußballnationalmannschaft kam mit großen Ankündigungen zur Weltmeisterschaft nach Südafrika. Der Vizepräsident des nordkoreanischen Fußballverbandes verkündete gar, dass Nordkorea die WM gewinnen würde. Grund: die großartige Unerstützung des geliebten Führers Kim Jong Il. Dazu muss gesagt werden, dass Kim kein Mitglied der Mannschaft ist, sondern Chefdiktator Nordkoreas. Als solcher unterstützt er seine Kicker nicht nur materiell sondern schickt auch 1000 Fans nach Südafrika. Diese sind natürlich keine Nordkoreaner sondern Chinesen. Erstaunlich! Es sieht so aus, als ob sich in ganz Nordkorea keine 1000 Linientreue Jubelperser finden, die man ruhigen Gewissens ausreisen lassen würde. Statt dessen verschenkt man 1000 Tickets an Chinesen, die Nordkoreaner spielen sollen. Da hat der gewiefte Führer aber Glück, dass China sein engster Verbündeter ist. Wäre es z.B. Schweden, würden wir lauter blonde Langnasen in Blau-Rotem-Fanoutfit die Nordkoreaner anfeuern sehen.

Da Nordkorea ein so perfektes Land ist, wie es die DDR früher war, gibt es praktisch nur Siege und großartige Leistungen. Alles ist wunderbar und der Rest der Welt ist viel schlechter dran. Nachlesen kann man das auch bei der staatlichen Nachrichtenagentur Nordkoreas KCNA. Und was vermeldet die KCNA über die WM-Spiele der Nordkoreanischen Mannschaft? Das erste Spiel vom 15. Juni gegen Brasilien, dass mit einer 2:1 Niederlage für die kommunisitschen Kicker endete wurde von der KCNA am 16. Juni noch erwähnt, die 0:7 Niederlage gegen Portugal vom 21. Juni dagegen nicht. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Aber die Nordkoreaner können sich damit trösten, dass nicht nur sie, sondern auch der amtierende Weltmeister, Italien, ausgeschieden ist. In dieser Hinsicht hat Nordkorea tatsächlich weltmeisterlich gespielt.

Freitag, 18. Juni 2010

Börsenanalysen - Hirn, mach mal Pause.

Der rational aufgeklärte Mensch der Moderne lächelt über die Wirrköpfe, die astrologische Analysen betreiben. Nicht selten versucht man die Astrologie dadurch zu stärken, indem man, wie z.B. der Astrologe Winfried Noé, die Planetenkonstellationen der Vergangenheit betrachtet und dann in ein Geschichtsbuch schaut, um zu sehen, bei welchen Konstellationen sich z.B. Revolutionen, Kriege oder Börsencrashs ereignet haben. Das kann man dann „ganz klar“ begründen. Z.B. die dreifache Opposition Saturns mit den Planeten Pluto, Neptun und Uranus. Ziemlich selten, gab es etwa in der Zeit zwischen 1863 bis 1873. Himmel! Wir erinnern uns alle, das war doch die Zeit des Deutsch-Dänischen Krieges 1864, des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71. Unglaublich, im wahrsten Sinne des Wortes.

Die moderne Version von dieser Wirrenschaft ist die heutige Börsenanalyse, die man im Radio und Fernsehen vorgesetzt bekommt. Da wird versucht, dem geneigten Hörer im Nachhinein zu erklärt, warum der DAX, ein Aktienkurs oder eine Währung hoch oder runter gegangen sind. Beispiel: die Börsenberichterstattung der WDR 5 Sendung „Profit“, die ich hier für acht Tage paraphrasiert habe.

01.06.2010:
Der DAX startet schwach, um dann ins Plus zu drehen, weil positive Zahlen aus den USA kommen: Einkaufsmanagerindex und Bauausgaben waren höher als erwartet. DAX schießt daraufhin in einer halbe Stunde um 100 Punkte hoch.


Kurz: Die amerikanischen Einkäufer schauen also positiv in die Zukunft und es wird auch viel gebaut. Mensch, richtig positiv-nachhaltige Nachrichten aus den USA.


02.06.2010:
Der DAX startet schwach, dreht aber dann ins Plus, wegen positiver Immobilienzahlen aus den USA.


Kurz: Irgendwo liegen positive Zahlen rum, also steigt der DAX.


04.06.2010
Der DAX startet positiv, aber dann kamen die Arbeitslosenzahlen aus den USA, die waren enttäuschend und die Angst um eine Ungarnkrise, der DAX rauscht hinunter. Und nicht nur das. Die Gerüchte um einen Ungarnkrise und die enttäuschenden Arbeitslosenzahlen der USA machen Anleger generell vorsichtiger, weshalb auch gleich, der Euro auf ein vierjahrestief gefallen ist.


Kurz: Die Arbeitslosigkeit in den USA ist zwar von 9,9% auf 9,7% gefallen, aber Analysten hatten mit mehr gerechnet. Diese Enttäuschung wird als Grund hingestellt, warum Euro und Aktien stärker verkauft wurden.


09.06.2010
Es gibt Schätzungen, dass schwacher Euro den deutschen Autobauern 4 Mrd. mehr Gewinn einbringen könnte. Deshalb sind die Aktien der Autobauer deutlich im Plus: Daimler +4% BMW +3%. BMW konnte in China seinen Absatz im Mai gegenüber Mai 2009 sogar verdoppeln. China ist das Land der Träume für die Börse, es gibt Gerüchte, dass Chinas Export im Mai um 50% gestiegen ist. Erwartet hat man 30%.



Kurz: Mensch, der schwache Euro ist also plötzlich gut und China kauft deutsche Autos als gäbe es kein morgen.


10.06.2010
Der DAX steigt um 1,2%, China heizt nach wie vor die Stimmung an. China exportiert mehr und kauft mehr deutsche Luxusautos: Daimler heute +3% und BMW +4%.

Kurz: Der Chinese, der kauft immer noch deutsche Autos.


14.06.2010
Angst um eine spanische Bankenkrise, aber die Spanier (und Iren) konnten vergangene Wochen ihre Staatsanleihen an den Finanzmärkten verkaufen. Deshalb gab es trotz Bankenangst keine Reaktionen auf eine mögliche spanische Bankenkrise.


Kurz: Dass Spanien vergangene Woche Staatsanleihen platziert hat, wirkt immer noch nach.

Übrigens: Daimler war heute -1,6% und BMW -2,7%. Verdammt! Die Chinesen haben offensichtlich aufgehört, deutsche Autos zu kaufen.


15.06.2010
Viele Anleger reagieren momentan einfach sehr, sehr sensibel auf schlechte Nachrichten. Dass der DAX heute trotzdem noch Boden gut machen konnte, liegt unter anderem an den amerikanischen Börsen. Der Dow Jones ist deutlich im Plus und dann haben Spanien und Irland Anleihen ausgegeben, für die es eine rege Nachfrage gegeben hat, was ebenfalls als ein positives Zeichen gedeutet wird (und dem DAX geholfen hat.).



Kurz: Spanische Staatsanleihen wirken und wirken.


17.06.2010
Der Euro hat stark angezogen, weil Spanien Staatsanleihen am Markt platzieren konnte. Die deutschen Autobauer freuen sich über eine rege Nachfrage aus China, aus Indien, aus Japan und den USA.

Kurz: Gott sei Dank, die Chinesen kaufen wieder deutsche Autos! Und spanische Staatsanleihen sind ein echter Dauerbrenner.

Zusammenfassend: Die obigen Börsenanalysen zeichnen den Börsenmenschen in den grellen Farben der geistigen Verwirrung. Es erscheint, als würde er von hypochondrischen Ängsten vor schlechten Nachrichten ebenso geplagt, wie von wahnhaften chinesischen Wachstumsträumen. Dann verringert sich die Arbeitslosigkeit in den USA, aber nicht soviel wie erhofft. Willkommen in der Realität Herr Börsianer…ach, sie wollen schon wieder gehen? Offensichtlich, denn wieso spielen die positiven Nachrichten aus den USA, die nur Tage vorher kamen und die Börse zum Ausflippen gebracht haben sollen, keine Rolle mehr? Ein schwerer Fall von Faktenamnesie? Oder ist das die börsianische Version des Adenauer-Wortes: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“
An ihr Geschwätz von Gestern erinnern sich Börsenanalysten aber dann doch gerne, wenn es mal zufällig wieder passt: Solange Daimler Aktien steigen, ist der Chinese der Grund. Wenn Daimler fällt, sagt man nichts, wenn Daimler wieder steigt, ist der Chinese wieder zur Stelle.

Frei nach Goethe:

Habe nun, ach! Ich hohle Nuss,
Kursverläufe und viel Nachricht
Und leider auch Journalismus!
Durchaus studiert, wie es meine Pflicht.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;

Heiße Analyst, heiße Fachmann gar,
Und ziehe schon an die x Jahr
Herauf, herab und quer und krumm
Verkauf andre Leut, und mich auch, für dumm
Und seh nicht, dass ich einfach nur rate!
Egal, solang mich wer bezahlte.

Dienstag, 15. Juni 2010

Ich hab´s verb(l)oggt

Mea Culpa! Ich muss mich für eine verschleppte Recherche bzgl. meines Posts vom 09. Juni 2010 entschuldigen. Dort zitiere ich den „Wahrsagerchecks Blog“ (WC Blog) vom 13.12.2008. Dort wird behauptet der Astrologe Winfried Noé hätte in der Zeitschrift „Euro am Sonntag“ Heft 3/2008, Seite 30 eine DAX-Vorhersage gemacht, die sich als komplett falsch erwiesen haben soll. Ich hatte mir das Heft nachbestellt, um es in meinem Kuriositätenkabinett hinzuzufügen. Es stellte sich nun heraus, dass an besagter Stelle keine börsenastrologische Vorhersage zu finden war, sondern ein Artikel zum Thema, welche Allianzen sich in der Luftfahrtbranche anbahnen.



Man, war ich sauer, dass ich 5,40 Euro in den Wind geschossen hatte. Noch enttäuschter war ich natürlich vom WC Blog. Der macht eine interessante und wichtige Arbeit, aber eine falsche Quelle und schon bricht ein gutes Stück vertrauen weg. Ich hätte gleich skeptisch werden sollen, da der WC Blog in seinen Aussagen über die vermeintliche Noé Vorhersage inkonsistent ist. Denn der WC Blog schreibt im oben erwähnten Post vom 13.12.2008: Noé prognostiziert in „Euro am Sonntag“, Heft 3, 2008, während im Post vom 03.01.2010 steht, dass Noé Ende 2007 in der Zeitschrift „Euro am Sonntag“ besagte Prognose gemacht hätte. Publizistische Peanuts, aber wenn man sich auf solche Angaben nicht verlassen kann, warum dann auf den Rest? Im besagten Post vom 03.01.2010 steht u.a.:

Gleich doppelt vertreten ist übrigens Winfried Noé, der seine Börsenkompetenz Ende 2007 in der Zeitschrift „Euro am Sonntag“ mit folgender Prognose manifestierte „2008 wird ein stabiles Börsenjahr, der DAX steigt bis Jahresende um fünf bis neun Prozent.“ OK, dass der DAX mit 8045 Punkten startete und zum Handelsende 2008 gerade mal 4810 Punkte aufwies, daran dürfte sich Herr Noé höchst ungern erinnern.


Höchst ungern erinnert sich der WC Blog scheinbar auch an seine eigenen Quellenangaben aus dem Jahr 2008. Stattdessen heißt es im Jahre 2010 nun Noé habe die Vorhersage Ende 2007 gemacht. Frustriert habe ich einen Kommentar zum Post vom 13.12.2008 auf die Seite des WC Blogs gepostet bzgl. des fehlenden Artikels im Heft 3, 2008. Keine sieben Stunden später, hat der WC Blog auf meine Kommentar reagiert und eine Korrektur angebracht: Es war das Heft vom 06.01.2008, Seite 30, in dem die DAX- Vorhersage von Noé steht. Das Problem war, dass in der PDF-Version des Artikels fälschlicherweise stand, dass er aus Heft 03/2008 kommt. Tatsächlich fand ich den Artikel im Online-Archiv der „Euro am Sonntag“ und jawohl Noé sagt der Dax würde 2008 um fünf bis neun Prozent steigen.

Jetzt war ich aber enttäuscht von der „Euro am Sonntag“, denn ich hatte das Onlinearchiv der „Euro am Sonntag“ durchsucht. Aber die Personensuche lieferte zu „Noé“ genau drei Treffer:

29.12.02 „Bulle, Bär und Bombe“, Ausgabe 52/02
03.02.02 „Orakel für Gutgläubige“, Ausgabe 5/02
30.12.01 „Sonne, Mond und Aktienkurse“, Ausgabe“ 52/01

Das wars. Aber wo ist der Artikel von 2008? Auch die Volltextsuche zu „Börsenastrologie“ oder „Sterne“ lieferte nicht den Artikel (obwohl beide Worte in selbigem vorkommen). Die Suche hätte den Artikel gefunden, wenn ich den Titel des Artikels gekannt hätte, aber wer weiß das schon? Die Personen- und Volltextsuche von „Euro am Sonntag“ erinnert mich an die CDU Parteispendenaffäre. Wenn man eine aussagekräftige Antwort haben will, muss man sie bereits vorher kennen, ansonsten heißt es immer nur: „ich weiß von nichts“.

Montag, 14. Juni 2010

Maastricht Klimakterium

Wie war man in Europa stolz, dass mit dem Euro auch so strenge Stabilitätskriterien, die so genannten Maastricht-Kriterien, eingeführt wurden. Wehe, wehe, wenn sich ein Land nicht dran hielte. Dann, ja dann, ruft die EU Kommission „Defizitverfahren“ und daraufhin fallen dem EU-Amtsschimmel vorne und hinten Blaue Briefe heraus. Die EU-Verordnung Nr. 1056/2005 legt fest, dass

Zwischen der Meldung der Haushaltsdaten, die das Bestehen eines übermäßigen Defizits belegen, und dem Beschluss, Sanktionen zu verhängen, dürfen in der Regel nicht mehr als 16 Monate liegen.


Wenn der betreffende Mitgliedstaat aber gemäß den Empfehlungen des Rates tätig wird, ruht das Defizitverfahren und man hat mehr als 16 Monate Zeit, bis eine Sanktion droht. Es kam noch nie zur Verhängung einer Sanktion wegen eines Defizitverfahrens. Das bedeutet, dass das System entweder ganz phantastisch funktioniert, oder aber gar nicht. Schauen wir doch mal auf die Zahlen der letzten fünf Jahre für die zwei dauerhaften Stabilitätskriterien. Diese legen fest, dass

1) das öffentliche Defizit nicht mehr als 3% des Bruttoinlandprodukts (BIP)

und

2) der Schuldenstand nicht mehr als 60% des BIP

betragen soll. Die beiden folgenden Tabellen zeigen die Lage der letzten fünf Jahre (Quelle: Eurostat), wobei die gelb hinterlegten Felder einen Verstoß gegen das jeweilige Maastrichtkriterium anzeigt.

Zunächst widmen wir uns dem Defizitkriterium:



Nur fünf Länder haben es in den letzten fünf Jahren geschafft nie mehr als 3 % Defizit zu produzieren (Dänemark, Schweden, Finnland, Luxenburg und Estland). Nur diese Länder haben halbwegs ausgeglichene Haushalte zu Wege gebracht, in denen die Ausgaben die Einnahmen höchstens um 3% des BIPs übertrafen. Griechenland und Ungarn haben in den letzten fünf Jahren das Defizitkriterium nie erfüllt, Polen hat es in vier, der vergangenen fünf Jahren nicht eingehalten und das Vereinigte Königreich, Portugal und Italien haben die Marke in drei von fünf Jahren gerissen.

Kommen wir jetzt zum Schuldenkriterium:




Acht Länder hatten in jedem der letzten fünf Jahre Schulden, die höher waren, als 60% ihres BIPs (Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, Portugal, Ungarn). Dafür hatten 13 Länder immer weniger Schulden, darunter (vielleicht überraschende?) Länder wie Bulgarien, Polen, Rumänien, oder Spanien.

Wenn man sich das so ansieht, fragt man sich, ob die Maastrichtkriterien überhaupt ernst genommen werden können? Vielleicht sollte man, aber die wenigsten machen es. Im Jahr 2009 reißen fast alle EU-Länder das Defizitkriterium, außer fünf. Jetzt könnte man sagen, das sei in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eben so. Aber wenn man sich ansieht, welches die fünf Länder sind, die selbst im Krisenjahr 2009 weniger als 3% Defizit produzierten trifft man auf Dänemark, Schweden, Finnland, Luxenburg und Estland. Moment mal, das sind dieselben Länder, die in den gesamten letzten fünf Jahren immer weniger als 3% Defizit hatten. Diese fünf hatten auch nie mehr als 60% Schulden.
Mich bedünkt, dass es zwar normal ist, in Wirtschaftskrisen ein höheres Defizit zu haben, aber diese Defizite, werden umso höher ausfallen, je schlechter die Haushaltspolitik der vorhergehenden Jahre war. Ja, es scheint tatsächlich so gewesen zu sein, dass ein Großteil Europas über seine Verhältnisse gelebt hat und die Maastrichtkriterien konnten das so wenig verhindert, wie ein Sieb Wasser halten kann. Im Moment ist es wieder in Mode, über einen Wechsel von der laschen zu einer resoluten Einhaltung der Kriterien zu diskutieren. Es bleibt zu hoffen, dass nach den Wechseljahren der Maastrichtkriterien die Haushaltspolitik der EU-Länder aufhört, weiter so alt auszusehen.

Freitag, 11. Juni 2010

Astro Winfired und die Finanzkrise

Im letzten Post hatte über den Starastrolgen (eigentlich doppelt gemoppelt Star und Astrologe) Winfried Noé gesprochen, der in der Sendung Talk im Hangar-7 im österreichischen Fernsehen stolz verkündet hat:

"Ich habe ein Buch im Juli, äh, Juni 2007 heraus gebracht, in dem ich genau geschrieben habe, dass diese Finanzkrise massiv im Herbst 2008 beginnen wird und hab auch geschrieben wie sie weiter verläuft bis zum Jahr 2020 und wir sind genau in diesem Zeitfenster drin und es ist auch ganz genauso abgelaufen und ich finde es auch immer erstaunlich, dass dann immer gefragt … keiner hat diese Krise kommen sehen."

Ich ging also in die Stadtbibliothek und holte mir das Buch: „Vorsprung durch Astrologie! Mit Motivation Krisen in Chancen verwandeln“. Schon auf dem Cover wird geworben: „Mit Noés Zukunftsprognosen bis zum Jahr 2020“. Welch eine Spannung, gleich zum Kapitel „Die Prognose 2007 bis 2020“ vorgeblättert und die 21 Seiten gelesen. Die Prognosen sind in ein Interview eingebettet, dass der Mitautor Noés, Erich Lejeune, mit ihm führt. Hier nun, was Noé „genau“ zur Finanzkrise geschrieben hat, die ja „ganz genauso abgelaufen“ sein soll:

Er schreibt mit keiner Silbe, dass die Finanzkrise im Herbst 2008 massiv beginnt. Tatsächlich schreibt er lediglich, dass sich die Geldmenge in Euroland bis 2006 stark erhöht habe und fährt schwammig fort (S. 257):

"Die Folgen sind Liquidität im Überfluss, die in Aktien investiert werden und die Kurse in die Höhe treiben."


Noé scheint, fälschlicherweise, vor einer Aktienblase zu warnen. Das Interview fand scheinbar am 08. Mai 2007 statt, denn Noé sagt, dass der Ölpreis „heute, am 08. Mai 2007, bei 64 US-$ steht.“ Zu dem Zeitpunkt, war die US Immobilienblase bereits geplatzt, allerdings waren die Konsequenzen noch nicht abzusehen.

Was könnte Noé noch mit „genauer“ Beschreibung der Finanzkrise gemeint haben? Vielleicht das, was auf Seite 257 weiter steht:

"Doch wehe, die Spekulationseuphorie ebbt plötzlich ab, dann ist Geld nur noch zu sprunghaft steigenden Höchstzinsen zu haben. Wenn die Notenbanker nicht ganz schnell etwas gegen die ausufernde Geldmengengenexpansion tun […], wird die Finanzkrise, in die wir global steuern, ein noch nie gekanntes Ausmaß annehmen. Mit einem Blick auf die Konstellationen kann ich nur sagen, es wird noch schlimmer kommen als befürchtet!"

Von 2009 bis 2012 bilden….


Wieder kein Ton über Herbst 2008. Stattdessen die Prognose, dass Geld zu hohen Zinsen zu haben sein wird. Das Gegenteil ist eingetreten, die Notenbanken senkten die Zinsen sogar noch weiter und fluteten die abstürzenden Märkte mit billigem Geld.

Die Suche nach der Stelle, an der „genau geschrieben“ steht, dass die Finanzkrise heftig im Herbst 2008 eintritt, geht weiter. Vielleicht auf Seite 262:

"Weltpolitisch dürften die Jahre 2008 bis 2011 unter der Mitwirkung von Saturn besonders aufregend werden, mit einem Höhepunkt in Jahre 2010, wenn Jupiter von Mai bis Oktober und Dezember 2010 und im Januar 2011 einen Konjunktion zu Uranus bildet. Ähnliche Konstellationen hatten wir das letzte Mal in der Zeit von 1930 bis 1933 […]. Ganz entscheidend für die Entwicklung in den 30-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war sicherlich der wirtschaftliche Crash 1929/30. Ein derartiger Crash kann durchaus wieder eintreten, nicht zuletzt durch den sich deutlich abzeichnenden Klimawandel."


Also wieder kein Herbst 2008. Stattdessen soll es irgendwann 2010 spannend werden und ein Wirtschaftscrash soll durch den Klimawandel kommen. Na ja, das klingt nicht nach einer Beschreibung der Finanzkrise, die das Prädikat „ganz genauso abgelaufen“ verdient. Das Jahr 2010 ist natürlich spannend, wegen der Griechenland- und Eurokrise. Aber hat nicht jedes Jahr zwischen Mai und Dezember etwas Spannendes zu bieten? Ein bisschen konkreter wäre schon gut gewesen, vor allem für jemanden, der Geld für seine Voraussagen haben will.


Zu guter Letzt noch eine konkrete Aussage Noés zur Ölpreisentwicklung. Auf Seite 271 lesen wir:

"Meine Prognose ist, dass wegen einer drastischen Verknappung – unter der Saturn-Neptun-Opposition – der Ölpreis bis 2010 auf 100 bis 120 US-$, wenn nicht sogar auf 150 US-$ steigen wird. Dann wird ganz rapide eine Wende technologischer Art eintreten und Energie wird nach diesen dramatischen Krisenkonstellationen für jedermann zu jeder Zeit ebenso preiswert wie die Internet-Informationen zur Verfügung stehen. Schließlich bewegen wir uns auf der Erde in einem gigantischen Energiefeld. Wir haben nur noch nicht den richtigen Weg gefunden, diese Energie zu nutzen."


Wenn ich das nächste Mal tanken gehen weiß ich wenigstens, dass ich Saturn und Neptun für den Ölpreis verfluchen kann. Tatsächlich liegt der Ölpreis momentan bei etwa 75 US-$. Also deutlich unter den 100 bis 120 „wenn nicht sogar“ 150 US-$ die Noé vorhersagt. Tatsächlich waren wir schon bei etwa 145 US-$ aber das war im Sommer 2008. Grund dafür war auch nicht eine Verknappung, sondern Spekulation. Leider trat damals auch nicht das Wunder einer „rapiden Wende“ ein, die zur billigen Energiequelle führte. Es bleibt nichts von der vollmundigen Aussage Noés, dass sein Buch irgendwelche Dinge „genau“, oder genauer „genau und zutreffend“ beschreibt. Was sich hier nicht zuletzt daran zeigt, dass sich Noé nicht einmal die Mühe macht zu sagen, welches gigantische Energiefeld der Erde seiner Vision zu Grunde liegt. Magnetfeld? Gravitationsfeld? Oder gewür-felt?

Mittwoch, 9. Juni 2010

FDP - Die Schutzheilige der Börsen und Banken


Seit ihrer Idee, in einer Haushaltsnotlage die Steuern zu senken, ist der FDP schon nichts mehr peinlich. Aber jetzt hat sie sich doch noch einmal selbst übertroffen, beim Thema Finanztransaktionsteuer nämlich. Diese sei ja die reinste Abzocke der Bürger. Jede Banküberweisung, z.B. die monatlichen Überweisungen eines armen, armen Riestersparers, würde damit extra besteuert. Wie bei der FDP in letzter Zeit üblich, ist die Argumentation dabei weniger herzzerreißend als viel mehr hirnrissig. Wer sagt, dass die Finanztransaktionssteuer auf normale Banküberweisungen erhoben werden soll? Niemand, außer der FDP.

Dieses schwere Lobbyfieber konnte man gut an Rainer Brüderle in der Sendung Anne Will vom 30. Mai 2010 studieren. Dort verkaufte der stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP den Widerstand gegen die Transaktionssteuer erneut mit der Fürsorge um Frau Will und die Gäste im Studio, die er nicht zusätzlich besteuern wollte. Stattdessen wäre es besser, die Boni und Gehälter von Bankern zu besteuern. Ich muss sagen, Boni und exorbitante Gehälter zu besteuern klingt nach einer guten Idee. Das schließt natürlich eine zusätzliche Transaktionssteuer nicht aus. Boni-Steuer als Beitrag zur Bewältigung der Finanzkrise und Transaktionssteuer, um die Spekulation zu bremsen. Womit klar wird, dass die FDP hier einfach nur einen Nebenkriegsschauplatz aufmacht. In einem seltsamen Moment von Politikerschizophrenie gibt dann Rainer Brüderle bei Anne Will doch zu, dass so eine Steuer Sinn macht:

„Es gibt einen Bereich, wo sie [die Transaktionssteuer] wirkt, sie wirkt dort beim Computerhandel und bei Derivaten […] dort hat es Effekt. Wenn sie es auf alle streuen, dann bezahlen [sich deutlich an Frau Will wendend] SIE die Zeche des Finanzmarktes.“

Na also, geht doch. Ein seltener Triumph für eine Politiktalkshow. Sie bringt einen Politiker dazu einen kurzen Moment sachliche Dinge zu sagen. Noch schöner sind die Worte Brüderles kurz vorher, als er darauf Antworten soll, dass man doch nicht zwangsläufig alle Banküberweisungen mit der Transaktionssteuer belegen braucht:

„Es kommt darauf an, wie Sie es [das Transaktionssteuergesetz] ausgestalten.“

Mensch, das ist ja ein Ding. Da muss man sich unwillkürlich fragen, wer gerade an der Regierung ist und das Ganze sinnvoll ausgestalten könnte? Ist es, unter anderem, die FDP oder sind es die Hoteliers?

Astrologie in der Krise

Die Finanzmärkte stecken in der Krise, weil sich die Spitzenmanager in dem Bereich spitzenmäßig verspekuliert haben. Aber verspekulieren ist ja auch nichts anderes, als eine falsche Voraussage zu machen.

Darin sind auch die Astrologen spitze, insbesondere die Börsenastrologen. Ein besonders "erfolgreicher" Börsenastrologe ist Winfried Noé, wobei er auch in allen anderen Lebensbereichen astrologische Vorhersagen verkauft. Dieser Meister seines Fachs wird die aktuelle Finanzkrise doch wohl zuverlässig vorhergesagt haben, oder? Nun ja, ungefähr so zuverlässig wie die Deutsche Bahn im Winter: Für das Börsenjahr 2008 gab Noé der Zeitung Euro am Sonntag die Prognose, dass der DAX bis Jahresende um fünf bis neun Prozent steigen würde. Stattdessen fiel der DAX von 8045 Punkten bis zum Handelsende 2008 auf 4810 Punkte also um rund 40%. Da hat der Noé doch tatsächlich gegen die erste Astrologenregel verstoßen: Bloß keine konkreten Angaben! Astrologen betonen ja gerne, dass es keine exakten Vorhersagen geben könne, diese seien unseriös. Als viel seriöser verkaufen sie dagegen ihre vagen Visionen der zukünftigen Ereignisse.

Nachdem Noé mit dem DAX 2008 derart ins Astroklo gegriffen hat, ist es um so erstaunlicher, was er in der Sendung Talk im Hangar-7 des österreichischen Privatsenders Servus TV vom 06.05.2010 behauptet. Er sagt, er hätte in einem Buch, dass er im Juni 2007 raus gebracht hat, genau geschrieben, dass diese Finanzkrise massiv im Herbst 2008 beginnen werde. Na, dazu passt, dass die Talk-Sendung das Thema „Tolle Theorien“ behandelte. Das ist natürlich clever: der Euro am Sonntag sagt Noé 2008 ein ruhiges Börsenjahr mit respektabler Rendite voraus, während er an anderer Stelle, seinem Buch, eine massive Finanzkrise hereinbrechen sieht. Da kann er kaum noch daneben liegen. Bei besagtem Buch wird es sich wohl, um sein im Juni 2007 erschienenes Buch „Vorsprung durch Astrologie“ handeln. Das sehe ich mir mal morgen mal genauer an.

Na ja, aber so ist das mit den Astrologen. Wer alles in der Zukunft für möglich hält, der liegt eigentlich immer richtig, oder fast immer falsch, je nachdem, ob man die Treffer oder die Nieten zählt.

Dienstag, 8. Juni 2010

Wissenschaft und das Hirn in der Hose

Wie hält es die Bevölkerung mit dem Vertrauen in die Wissenschaft? Allgemein sollte man meinen, die Wissenschaftler, die Herren Professoren und Doktoren gelten als vertrauenswürdige Leute, die bescheid wissen. Das gilt aber nur solange es um Themen geht, die kein Angstpotential besitzen. Man bestaunt die bunten Bilder der Astrophysiker, bewundert die Teilchenphysiker im CERN, ist beeindruckt von den Fortschritten in der Apparatemedizin. Aber wehe es geht um diffuse Ängste, um Dinge, die man nicht sehen, hören, riechen, schmecken oder gar verstehen kann (oder will!). Um Dinge wie Kernkraft und Radioaktivität, Elektrosmog, Pestizide oder genetisch manipulierte Lebensmittel. Dann ist Schluss mit dem Vertrauen. Da sind dann auch Argumente völlig egal. Gleichgültig wie viele Professoren oder Doktoren sagen, dass man keine Gefahr erkennen könne, die Mehrheit akzeptiert es nicht. Es reicht Angst zu haben und man will nur noch eins: weg mit Zeug, sofort.

Das ist ein menschlicher Zug, dem auch Wissenschaftler erliegen. Ein Wissenschaftler aus England erzählte mir folgende Geschichte: Sein ganzes Forscherleben hat er den Einfluss von elektromagnetischer Strahlung auf biologische Lebensformen untersucht und keinen schädlichen Einfluss feststellen können. Als er spaßeshalber die elektromagnetischen Felder in den Häusern seiner Kinder vermaß, stellte er fest, dass die Felder am Kopfende des Kinderbettes seiner Enkelin besonders hoch waren. Daraufhin veranlasste er, dass das Bett umgestellt wurde.

Das ist der Mensch: wir halten uns alle für vernünftig, aber wenn wir Angst bekommen, dann rutscht uns neben dem Herz auch das Hirn in die Hose. Und wer ist in der Hose tätig? Na, z.B. die katholische Kirche, wenn auch manchmal mehr als ihr lieb ist. In Fragen emotionaler Zustände wie Angst, Trauer, Verzweiflung kann die Wissenschaft keinen Blumentopf gewinnen. Das ist das Metier von Seelsorgern aus Religion, Esoterik oder Psychologie. Sobald Angst ins Spiel kommt, schaltet unser Hirn in Leerlauf und läßt sich leicht von jedem abschleppen, hauptsache die Richtung stimmt: weg von dem, vor dem wir Angst haben und hin in das Mi-Ma-Märchenland der vermeintlichen 100%igen Sicherheit.

Montag, 7. Juni 2010

Vertrauen ist gut...

Bestenlisten, auf Denglish auch Rankings genannt, Ordnen für uns die verschiedensten Angebote. Dabei werden nicht nur Produkte verglichen, sondern auch Firmen, Bildungseinrichtungen und auch Vertrauen in Berufsstände. Werfen wir doch einmal einen Blick in die „European Trusted Brands 2010“, einer großen europäischen Verbraucherstudie vom Reader’s Digest Verlag. Da erfährt der geneigte Leser, dass europaweit den Feuerwehrleuten am meisten vertraut. Während in den meisten Ländern 84% bis 97% der Befragten der Feuerwehr „ziemlich hohes“ bzw. „sehr hohes Vertrauen“ entgegenbringen, sind es in Portugal nur 75%. Scheinbar kommt es immer wieder vor, dass sich die Feuerwehrleute an den alljährlichen Waldbränden die Finger verbrennen.

Deutlich größer wird die Schere zwischen Vertrauenswerten bei den Polizisten. Während in Deutschland 80% der Befragten der Polizei vertrauen sind es in Russland gerade einmal 18%. Interessanterweise trauen aber 30% der Russen ihren Richtern. Bestechende Zahlen. Wer nun denkt, dass in Westeuropa so etwas undenkbar wäre, der muss lesen, dass in Belgien nur 34% und in Portugal sogar nur 23% den Richtern vertrauen. Unter den Deutschen haben immerhin 60% vertrauen in die Rechtsprecher. Es ist eigentlich erstaunlich, dass man in Deutschland den Polizisten mehr Vertraut, als den Richtern. Ist den Leuten die deutsche Rechtsprechung zu lasch, weil mal wieder ein Mörder, oder Kinderschänder nicht, wie in der „guten alten Zeit“, geteert und gefedert, erhängt, gerädert, gevierteilt oder doch zumindest für den Rest seines Lebens in den dunkelsten Kerker gesteckt wurde?

Autoverkäufer genießen in ganz Europa lediglich das Vertrauen von 7% bis 20%. Ganz unten stehen schließlich Politiker. In jedem untersuchten europäischen Land vertraut man den Autoverkäufern mehr, als den Politikern, außer in Schweden.

Erschreckend, dass im demokratischen Europa die Politiker so wenig Vertrauen genießen. Vielleicht sollten die Politiker einfach ein bisschen mehr wie die Feuerwehr Arbeiten. Vielleicht reicht es schon im knallroten Dienstwagen mit Blaulicht herumfahren, das suggeriert Eile und entschlossenes Herangehen.

Was Richter und Politkern das Vertrauen kostet ist wahrscheinlich ihre Bürgerferne. Kein Politiker oder Richter wird durch das Wählen einer Rufnummer innerhalb von 20 Minuten am Ort des Geschehens sein. Und die Probleme die Politiker bearbeiten müssen sind nicht so eindeutig lösbar, wie die von Polizei oder Feuerwehr. Wenn es brennt muss Wasser, wenn es Krawalle gibt Gummiknüppel und Tränengas drauf. Aber wie soll man eine gerechte Gesellschaft aufbauen? Da kann man jede Menge falsch machen und irgendjemand wird oder fühlt sich immer benachteiligt.

Seltsam ist aber, dass (Natur)Wissenschaftler nicht als Berufsstand aufgenommen wurde. Wäre es nicht interessant zu wissen, wie es in volltechnisierten Zeiten wie heute, mit all den diffusen Ängsten vor Atomkraft, Elektrosmog und Gentechnologie um das Vertrauen in die Wissenschaftler bestellt ist? Damit beschäftige ich mich morgen.

Freitag, 4. Juni 2010

Marketingziel Djihadist

Neulich auf YouTube. Ich wollte einfach mal wieder ein bisschen islamischen Fundamentalismus in bewegten Bildern studieren, als mir die Werbemitteilungen ins Auge fielen. Bei YouTube ist die angezeigte Werbung kein Zufall, sondern wird entsprechend den Suchbegriffen den potentiellen Interessen des Nutzers angepasst.

Zunächst begann ich bei YouTube nach „Allah“ zu suchen. Folgendes Werbebanner-Stillleben zeigt gleich mehrere interessante Marketingstrategien.




Zum einen, eine Partnervermittlung. Wir werden gleich eine Steigerung davon kennen lernen. Aber noch viel interessanter als die „muslimischen Kontaktanzeigen“ ist die Google-Werbung direkt im Videofenster. In einem kühnen Akt von Guerillamarketing versucht hier eine andere große Missionierungsreligion unter Allahs Anhängern zu wildern: Gottinberlin.jesus.net wirbt für Jesus. Clever, denn wer nach Allah sucht, ist womöglich noch unentschlossen und mag sich ebenso für den Herrn Jesus interessieren.

Wenn wir nun nach „Jihad“ (also in englischer Schreibweise) verlangen, müssten Produkte und Dienstleistungen angezeigt werden, die einen Djihadisten interessieren könnten. Ganz klar, der Djihadist von heute ist in der Regel jung, männlich und damit bis zum Rand voll mit Testosteron. Also wäre auch hier eine muslimische Partnervermittlung angebracht und da ist sie auch:




Eigentlich müsste Partnervermittlung in islamischen Gesellschaften ein viel lohnenderes Geschäft sein, als im christlichen Abendland. Ganz einfach deshalb, weil bereits verheiratete Männer nach wie vor Kunden einer solchen Vermittlung sein können. Streng genommen gilt das allerdings auch im christlichen Abendland. Z.B. bekommen die Kunden des Emailanbieters GMX Werbung für einen Dienstleister, der „Sextreffen“ mit Julia(24) vermittelt.




Selbstverständlich auch für lang verheiratete und kurz entschlossene Seitenspringer geeignet.

Den Vogel bei der Werbung für den Djihadisten schiesst allerdings die Werbung eines Unterwäscheherstellers, direkt im Videofenster ab:



„Unterwäsche von Schiesser“ ... für Schiesser, möchte man passender Weise ergänzen. Um auch Djihadisten im fernen Irak oder Afghanistan zu ködern, ist im Online Shop die Bestellung zudem versandkostenfrei.

Donnerstag, 3. Juni 2010

Friss die Hälfte

In der EU im Allgemeinen und in Deutschland im Speziellen ist die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln freiwillig. Aber nicht, wenn das Lebensmittel nährwertbezogene Angaben enthält oder Werbung mit solchen Angaben gemacht wird. Wer seine Salami also mit der Aufschrift „zuckerarm“ und „ballaststoffreich“ verkaufen will und sogar Werbung schaltet, nach dem Motto „genießen sie unbeschwert unsere zuckerarme und ballaststoffreiche Salami“, der muss die Nährwerte von Zucker und Ballastsoffen auf der Salami angeben und auch gewisse Mindeststandards einhalten. Zuckerarm und ballaststoffreich darf sich die Salami nennen, wenn in 100 g von ihr höchstens 5 g Zucker und mindestens 6 g Ballaststoffe enthalten sind. Gibt es solche Salamis? Fast. Ich habe da neulich eine Salami gesehen, die brachte es auf 0 g Zucker und immerhin 2 g Ballaststoffe pro 100 g Salami. Das einzige was noch fehlt, um diese Salami als gesunden Snack, weil zuckerfrei und ballaststoffreich, rauszubringen, sind einfach nur ein paar Sägespäne mehr.

Kehren wir zum Anfang zurück. Die Nährwertkennzeichnung von Lebensmittel ist grundsätzlich freiwillig und deshalb ist ihr natürlich nicht zu trauen. Als Beispiel dient hier die vegetarische Pizza von Lidl. Da steht folgendes drauf:



Wer nur auf die Zahlen schaut, übersieht, dass sich die Angaben auf eine halbe Pizza beziehen! Nun ist doch eigentlich zu erwarten, dass ein Erwachsener eine ganze Pizza alleine isst. D.h. eine Pizza deckt alleine schon 60% des Tagesbedarf eines Erwachsenen(!) an Salz. Bedenkt man, wie beliebt Pizza bei Kinder und Jugendliche ist, braucht man sich nicht darum zu sorgen, dass die Jugend verdirbt, so gepökelt wie sie ist.

Wahrscheinlich hat Lidl die Angaben nur auf eine halbe Pizza bezogen, weil man den Kunden den Pizzagenuß nicht versalzen wollte…tut es aber faktisch doch.

Mittwoch, 2. Juni 2010

Prepaid Psychologie


Letztens stoße ich auf folgende Onlineanzeige:


Das ist die neue Dienstleistungsgesellschaft, psychologische Beratung und Coaching nur eine Telefonnummer entfernt. Wenn man mal wieder Liebeskummer oder Stress hat, nicht auf den guten alten Bleistift beißen, sondern einfach anrufen. Folgt man dem Link erreicht man die Seite von „offenes Ohr 24.com“.


Das Kürzel „.com“ weist darauf hin, dass es hier um Kommerz geht, genauer gesagt Kummerkommerz. Das Beratungsspektrum ist breit gefächert, von Lehrangeboten wie „Flirt-Training“ und „Talententwicklung“ über eher kleinen Krisen wie „Liebeskummer“ oder das Verlangen nach einem Gespräch „von Mann zu Mann“ bis hin zu den dicken Fischen wie „Einsamkeit/Isolation“ und „Lebensmüdigkeit“. Da ist eigentlich für jeden etwas dabei, der bereit ist, die 1,86 € / min (Festnetz) bzw. 1,99 € / min (Mobil) zu bezahlen. Wer sich also vom Festnetz z.B. für zwei Stunden „von Mann zu Mann“ austauschen will muss 223,20 € berappen. Eine Stunde „Flirt-Training“, schnell übers Handy genommen, um die Schönheit Gegenüber im Cafe anzusprechen schlägt mit 119,40 € zu Buche.

Diese Gesellschaft 2.0 ist schon seltsam. Da hat man laut Facebook 300 Freunde aber keinen, der ein offenes Ohr hat, um ihn bei Liebeskummer anzurufen, oder ein Gespräch von „Mann zu Mann“ zu führen. Stattdessen neigt sich einem nur das offene Ohr 2.0 zu.

Passend in die heutige Zeit gibt es natürlich auch die entsprechenden Zahlungmodalitäten, etwa ein Prepaidkonto. Seine Einrichtung ist sogar zwingend notwendig, wenn man länger als „etwa“ zweieinhalb Stunden mit den Beratern sprechen will. Was das etwa bedeutet erwähnt das offenen Ohr 24 nicht. Es soll aber so sein, dass die 0900 Nummer, die praktisch in unbeschränkter Höhe auf die Telefonrechnung durchschlägt, nicht länger als zweieinhalb Stunden pro Monat für eine Festnetznummer erreichbar sein soll. Alles was darüber hinausgeht muss über das Prepaidkonto laufen, also über Vorkasse.

Ich hab mich mal auf die Suche nach einem Berater für Lebensmüde gemacht. Das Ergebnis: 5 Berater, einer im Gespräch und mit vier konnte man einen Termin ausmachen.



Da heißt es für mich als potentiellen Selbstmörder Geduld zu beweisen, draußen auf dem Fenstersims und wie jeder andere auch einen Termin auszumachen. Aber hey, vielleicht wird ja Robert Malzan gleich frei. Bei ihm gibt es sogar 15 Freiminuten. Ein Kennenlernangebot auch für die Lebensmüden Kunden.

Natürlich könnte man auch die Telefonseelsorge anrufen. Dort wird man mit ehrenamtlichen Mitarbeitern sprechen und sie ist gratis bzw. die Telekom übernimmt die Kosten. Ja, ja, wer hätte das gedacht, das „Magenta-Monster“ hat eine kleine soziale Ader. Also ich glaube, ich würde im Notfall immer bei der Telefonseelsorge anrufen, auch wenn ihr „Flirt-Training“ nicht das Beste sein soll.