Montag, 12. Juli 2010

Drückerkolonne 2.0

Es klingelt an der Tür. Da steh ich nun, zu Hause, nackt, aufgrund der Hitze von 37°C. Ich Frage durch die Tür worum es geht und bekomme zur Antwort, dass es um die Umstellung der Telefonleitung gehe. Etwas verwundert zieh ich mir Shorts und ein T-Shirt an und öffne die Tür. Dort steht ein Mann, der nach seinem Äußeren, Habitus und Gestus sehr an Stomberg erinnert, nur mit Brille. Er hat eine aufgeklappte Mappe auf dem Arm, bereit ein Formular, das in ihr bereit liegt, mit meinen persönlichen Daten zu füllen.

Ich frage worum es geht. Er erwidert, in diesem Gebiet würde das Telefonnetz auf das digitale Netz umgestellt und wir würden ja doch bei Alice noch unseren Fun Flat Tarif haben. Das bejahe ich. Mit der 6000er Leitung, fügt er hinzu. Wieder bejahe ich. Ja genau bestätigt mich auch Stromberg noch mal und setzt an mir zu erklären, dass mir jetzt, durch die Aufschaltung des digitalen Netzes, eine 16 000 Leitung zur Verfügung stehen würde, sowie eine kostenlose Kundenhotline.

Ich bin verwirrt. Alice hat eine kostenpflichtige Hotline und ich habe es noch nie erlebt, dass ein Telefonunternehmen einen Mitarbeiter vorbeischickt, um die Umschaltung eines Netzes anzukündigen und dann auch noch, dass ab jetzt die Hotline kostenlos ist.

Stromberg erkennt meinen verwirrten Gesichtsausdruck und wiederholt das gesagte: digitales Netz wird angeschlossen, 16 000er Leitung, Kostenlose Hotline und, jetzt kommt was neues, eine Gutschrift über 120 €, so dass meine Kosten von momentan 29,95 pro Monat im ersten Jahr nur 19,95 € betragen würden.

Jetzt bin ich noch mehr verwirrt als vorher. Es soll ein neues Netz, mit mehr Bandbreite geben, die Hotline soll kostenlos werden und oben drauf soll ich dann auch noch eine 120 € Gutschrift bekommen? Ist denn schon Weihnachten?

Er müsse nur meinen Namen, Adresse und Telefonnummer aufschreiben, in ein paar Tagen würde ich dann einen Anruf vom Servicecenter gekommen, der alles noch mal bestätigen würde. Ich bin noch verwirrter. Ich weise Stromberg darauf hin, dass er meine Daten doch hat. Er aber sagt, dass müsse aber hier noch mal gemacht werden. Er mache keinen Vertrag, alles bliebe bei mir, wie es ist, Rufnummer und alles, aber es müsste die Daten aufnehmen. Ich will ihn schon reinlassen, aber bitte ihn noch kurz zu warten, da meine Freundin hinten noch nackt sei. Stromberg antwortet, ja wenn meine Freundin nackt sei, dann käme er natürlich umso lieber herein. Langsam glaube ich wirklich, dass der echte Stromberg, bei mir in der Tür steht. Meine Freundin hat sich inzwischen was übergezogen und fragt mich mit mahnendem Blick, ob ich das wirklich wolle. Stromberg wirkt etwas unsicher. Er hatte sich schon in der Wohnung gesehen. Ich erkläre meiner Freundin, was der fremde Wohltäter für tolle Neuigkeiten bringt. Stromberg hebt wieder an, wiederholt alles noch mal. Allerdings erwähnt er diesmal noch, dass bei der Umstellung auf das Digitalnetz Vodafone einfach alle Alice-Kunden mit rüber nimmt.

Jetzt beginnt es mir langsam zu dämmern und ich frage frei heraus, ob es bei unserem Gespräch um einen Anbieterwechsel, von Alice zu Vodafone gehe. Stromberg bestätigt das. Ich bin ernüchtert. Relativ kurz mache ich deutlich, dass ich nicht vor habe zu wechseln. Stromberg fragt, ob er mit trotzdem einen Flyer mit dem Angebot da lassen darf. Er darf. Nachdem die Tür wieder zu ist, komme ich mehr und mehr zur Besinnung. Mir wird klar, dass gerade versucht wurde, mir ein 24 Monate Vodafone Vertrag unterzujubeln. Stromberg hat bis zuletzt verschwiegen und erst auf Nachfrage bestätigt, dass es bei dem ganzen Geschwätz um einen Anbieterwechsel geht. Stattdessen spielt er den Herren vom Amt, der nur mal was neu anschließen lassen will.

Meine Freundin hat mich davor bewahrt, Stromberg in die Falle zu gehen und mir einen guten Vorschlag für die Zukunft gegeben: Wieder die alten Schilder Aufhängen auf denen steht „Betteln und Hausieren verboten“.

Samstag, 3. Juli 2010

Hotel-Lobby

Während die FDP in Sachen Mehrwertsteuersenkung für Hotels inzwischen zurückrudert, ist die CSU nach wie vor sehr überzeugt von der Maßnahme. Das hat auch Markus Ferber, der Vorsitzende der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament, in einem Interview im Deutschlandfunk (vom 03.07.2010) noch einmal bekräftigt. Das Hauptargument: Die Senkung der Mehrwertsteuer für Hotels ist eine Frage der europäischen Angleichung. Gemeint ist, dass fast überall in Europa Hotels von einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz profitieren und das solle in Deutschland nun auch so sein, um Wettbewerbsverzerrungen in Europa zu verringern.
Ferber benutzt in dem Interview folgende Formulierung:

Also, ich möchte schon mal darauf hinweisen, dass es sich hier nicht um Klientelpolitik handelt, sondern um Anpassung an europäische Gegebenheiten. Von unseren Nachbarn sind nur die Dänen das einzige Land, das keinen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Hotelleriebetriebe vorsieht. Es geht also hier um die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Umfeld.


Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) liefert dazu auch gleich die passenden Zahlen in einer hübschen Europakarte zusammengefasst.

Ist das ganze nun ein Wettbewerbsvorteil? Nun, es kann doch nur dann einer sein, wenn die Hotels die Steuersenkung an die Kunden weitergeben. Ansonsten bleibt das Hotelzimmer im „internationalen Umfeld“ so teuer und damit so attraktiv oder unattraktiv wie vorher. Dass es zu einer Senkung der Preise kommt, scheint aber bereits im Vorfeld nicht dass zu sein, was die Hoteliers im Sinne hatten. Warum also dann eine weitere Ausnahme in der Mehrwertsteuer? Diese Frage an die Politik erinnert mich an ein Zitat aus einer Moby Dick Verfilmung:

"Was ist es nur? Welcher Dämon, welches unerforschliche Wesen treibt und drängt mich wider aller Sehnsucht und Liebe unaufhaltsam und ohne Unterlass weiter, und zwingt mich zu Taten, die mein eigentliches innerstes Wesen verabscheuen würde?"

Die Antwort scheint im Fall der Hotels zu lauten: Lobby Dick!